Japan
Quiet Life
1980, Hansa/Ariola
Anfänglich von den Medien und der Öffentlichkeit nur als Möchtegern-Glam-Rocker belächelt, mauserten sich Japan zur absoluten Kultband. Inzwischen ist klar: Der Einfluss von David Sylvian (Gesang), Steve Jansen (Schlagzeug), Richard Barbieri (Keyboards) und Mick Karn (Bass) auf die zeitgenössische Popmusik ist immens. Den Startschuss für die beeindruckende Diskographie der einzelnen Protagonisten legten die Briten mit Quiet Life, dem Album, das erstmals das wahre Potenzial der Band aufdecken sollte.
Als die eingangs erwähnten Schulfreunde sich 1974 zusammentaten, um eine Band zu gründen – damals war Rob Dean (Gitarre) noch Mitglied der Kapelle – fielen sie anfänglich mehr durch ihre Kleidung, Frisuren und Schminke auf als durch musikalische Innovation. Die von Roxy Music, The New York Dolls, T-Rex und David Bowie beeinflussten Alben Adolescent Sex und Obscure Alternatives konnten sich zwar passabel verkaufen, die Kritiker warfen ihnen jedoch fehlende Originalität und ließen daher kaum ein gutes Haar an den beiden Releases. Quiet Life, das dritte Album, ließ die Kritiker plötzlich aufhorchen: Sylvians Stimme, die bisher nölig-künstlich daherkam, wandelte sich zu einem natürlich klingendem Bariton. Jansens Schlagzeugspiel zeigte sich von einer bemerkenswert präzisen sowie komplexen Seite und Karns Performance am bündellosen Bass wies eine bis dato ungehörte, markante Signatur auf, die später Generationen von Bassisten inspirieren sollte. Der neue „elektrische“ Sound von Japan wurde auch stark von Keyboarder Richard Barbieri, Gründungsmitglied von The Porcupine Tree, geprägt, dessen hintergründiges Wirken stark zum Sound des Quartetts beitrug. Der Titeltrack „Quiet Life“ sollte wenige Jahre später den Gesangsstil von Simon Le Bon und die Soundästhetik des gleichnamigen Debütalbums von Duran Duran vorwegnehmen.
Quiet Life blieb zunächst hinter den kommerziellen Erwartungen zurück. Der Nachfolger Tin Drum, der von den Fachmedien als einer der innovativsten Alben der 80er-Jahre bezeichnet wird, und das Abschiedswerk Gentlemen Take Polaroids sorgten dafür, dass das Album Jahre nach seiner Veröffentlichung höhere Chartpositionen erklomm. Mit der sinnlich-melancholischen Schönheit von Quiet Life legte Japan den Grundstein für die aufkommende New-Romantic-Bewegung. So war es nicht verwunderlich, dass Künstler wie Bryan Ferry, Annie Lennox, Alice, David Torn und Robert Fripp nach der Auflösung von Japan wie die Geier um die Ruinen der Band kreisten, um mit den einzelnen Musikern zusammenzuarbeiten. Doch David Sylvian zog es nach Indien, Mick Karn widmete sich der Bildhauerei, und Jansen/Barbieri komponierten erstmal Musik für die NASA. Die Auswirkungen davon werden Gegenstand eines anderen Berichts…
Track Listing
Side A:
- Quiet Life
- Fall In Love With Me
- Despair
- In Vogue
Side B:
- Halloween
- All Tomorrow’s Parties
- Alien
- The Other Side Of Life