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David Sylvian

Do You Know Me Now?

Samadhisound/Universal

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Album 10.08.2023

Als Japan sich im Jahr 1983 auflöste, kreiste die damalige Pop-Prominenz um die Ruinen der britischen Artrock-Band. Von Bryan Ferry bis Annie Lennox – viele namhafte Musiker wollten mit Mick Karn, Richard Barbieri, Steve Jansen und David Sylvian zusammenarbeiten. Doch letzterer zog sich erst einmal zurück, verweilte eine Zeit lang in Indien und startete schließlich mit Brilliant Trees eine Solokarriere, die sich fernab vom "Top-of-the-Pops"-Mainstream abspielte und Fans sowie die Kritik durch ihre Originalität begeisterte. Drei Soloalben und eine EP später, widmete Virgin Records dieser Sylvian-Ära ein auf 5000 Stück limitiertes Box-Set: Die Weatherbox, eine fünf CDs umfassende Werkschau, wurde zu einem extrem gesuchten Sammlerstück. Inzwischen sind 34 Jahre vergangen und es folgt das zweite Box-Set: Do You Know Me Know? beinhaltet sämtliche Aufnahmen des introvertierten Künstlers, die auf seinem Label "Samadhisound" zwischen 2003 und 2014 veröffentlicht worden sind.

Ob der 1958 in Kent geborene David Alan Batt (Geburtsname) mit Do You Know Me Now? eine Art Abschluss seiner zweiten künstlerischen Schaffensphase sucht, die er mit der Trennung von Virgin Records einläutete, lässt sich nicht mit Gewissheit sagen. Jedenfalls finden sich im großzügig gestalteten Booklet der Box keinerlei Anhaltzeichen für ein derlei geartetes Statement. Dies schürt freilich die Gerüchteküche, denn außer einigen Vinyl-Re-Releases, kleineren Gast-Appearances und eine Neuauflage seiner Compilation Sleepwalkers, hatte sich David Sylvian ohnehin extrem rar gemacht. There’s A Light That Enters Houses With No Other House In Sight, das zusammen mit dem US-amerikanischen Dichter und Pulitzer-Preis-Gewinner Franz Wright entstand, liegt bereits 9 Jahre zurück. Sylvians avantgardistisches Meisterwerk Manafon, das Elemente aus freier Improvisation, Kammermusik und experimentellem Rock zusammenbrachte, 14 Jahre und When Loud Weather Buffeted Naoshima – eine Auftragsarbeit für die „Naoshima Fukutake Art Museum Foundation“ – gar 16 Jahre! Diese drei Alben sind natürlich integraler Bestandteil der insgesamt 10 CDs umfassenden Box, die überwiegend aufzeigt, wie weit sich Sylvian vom Mainstream entfernt hat. Die Kritiker sind sich einig: Kein anderer Popmusiker, Scott Walker ausgenommen, ist jemals so tief ins musikalische Reich des Abstrakten vorgedrungen, wie der einstmals von seinem Plattenlabel als „most beautiful man on earth“ vermarktete Sänger und Komponist. Dass er im Zuge der künstlerischen Neuausrichtung auch seine Texte von der üblichen „Strophe-Refrain-Strophe“-Struktur befreien musste, erscheint in diesem Entwicklungskontext nur logisch.

Ähnlich wie Miles Davis, zeigte Sylvian schon immer ein bemerkenswertes Gespür für die Auswahl seiner Mitmusiker, die seine ambitionierten Projektvisionen umsetzten sollten. Waren es in der Virgin-Records-Ära noch Koryphäen wie Kenny Wheeler, Jon Hassel, Mark Isham , Holger Czukay, Phil Palmer sowie Danny Thomson und später Robert Fripp, Mel Collins, Bill Nelson, David Torn und Bill Frisell, so begann er auf seinem Samadhisound-Debüt Blemish (2003) sich mehr den Avantgardisten unter den Free-Jazzern und Sounddesignern zuzuwenden. Von da an prägten Musiker wie Derek Bailey, Evan Parker, John Tilbury, Jan Bang, Christian Fennesz und Burnt Friedman die Sylviansche Songästhetik. Diese sollte vielen Freunden der offensichtlichen Melodieführung ein überforderndes Maß an Hörengagement abverlangen. Ähnlich wie bei Talk Talks musikalischem Quantensprung von Colour Of Spring zu Spirit Of Eden, konnten viele Fans ihrem Idol nicht mehr folgen: Sylvians samtig-weiche Vocals – das Zentrum der ersten Soloarbeiten – reichte auch anspruchsvollen Musikkonsumenten nicht mehr aus, um den Wegfall der Song- und Rhythmusstrukturen, für die er so geschätzt wurde, zu kompensieren. Dennoch entfaltete der neue Approach seine ganz eigene Wirkung: Die von „Ballast“ befreiten Klangwelten, die der Künstler jetzt erschuf, kreierten eine neue Qualität der emotionalen Intensität – vorausgesetzt, der Hörer könnte sich voll und ganz darauf einlassen. Dass David Sylvian sich auch in der Samadhisound-Ära dem „klassischen“ Songwriting nicht gänzlich verschloss, zeigt Do You Know Me Now? mit dem überwältigend schönen Snow Borne Sorrow – einem Bandalbum, das er gemeinsam mit seinem Bruder und Japan-Drummer Steve Jansen sowie dem Coburger Soundkünstler Burnt Friedman unter dem Projektnamen „Nine Horses“ aus der Taufe hob. Auf dem im Oktober 2005 veröffentlichten Album finden sich einige der besten Songs, die Sylvian jemals geschrieben hat – inklusive Auftritte illustrer Gäste wie Arve Henriksen, Stina Nordenstam, Theo Travis, Keith Lowe und Ryuichi Sakamoto. Mit Sakamoto verband ihn zeitlebens eine enge Freundschaft, die in der Box durch die herrlich unkonventionelle EP „World Citizen“ gewürdigt wird. Sicherlich ist der musikalische Inhalt von Do You Know Me Now? nicht jedermanns „cup of tea“. Aber zweifellos darf der künstlerische Repertoirewert zum einem der wertvollsten in der Geschichte der Popmusik gezählt werden.

Inhalt:

CD 1: David Sylvian Blemish
CD 2: David Sylvian The Good Son Vs. The Only Daughter – The Blemish Remixes
CD 3: Nine Horses Snow Borne Sorrow
CD 4: David Sylvian / Ryuichi Sakamoto / Nine Horses Do You Know Me Now?
CD 5: David Sylvian When Loud Weather Buffeted Naoshima
CD 6: David Sylvian Manafon
CD 7: David Sylvian Died In The Wool – Manafon Variations
CD 8: David Sylvian When We Return You Won’t Recognise Us
CD 9: Jan Bang & Erik Honoré with David Sylvian, Arve Henriksen, Sidsel Endresen Uncommon Deities
CD 10: David Sylvian / Franz Wright / Christian Fennesz There’s A Light That Enters Houses With No Other House In Sight

Album-Formate

Download/Streaming https://www.qobuz.com/de-de/album/do-you-know-me-now-the-samadhisound-box-set-david-sylvian/zf8lp726hspub
10CD Universal Music Recordings 387 688-6