Arooj Aftab

Grazile Harfenklänge, eine zärtlich gestrichene Violine, ein sanft gespielter Kontrabass – mit meditativem Ambiente, besinnlichen Klängen und andächtiger Stimme entfalten sich die ersten Takte von „Baghon Main“ im Raum. Man ahnt sofort, dass die Begegnung mit Vulture Prince zu einer besonderen, lang anhaltenden Beziehung führen wird.

Noch vor einem Jahr war die vor kurzem mit dem Grammy, in der Kategorie „Best Global Music Performance“ geadelte Komponistin und Sängerin Arooj Aftab nur wenigen Musikliebhabern ein Begriff. Die nicht als physische Datenträger erhältlichen Vorgängeralben Bird Under Water (2014) und Siren Islands (2018) ließen die Underground-Fachpresse aufhorchen, flogen bei den kommerziellen Medien aber gänzlich unter dem Radar der Musikjournalisten.

Vulture Prince scheint nicht das gleiche Schicksal zu teilen: Die 2021 von New Amsterdam Records veröffentlichte, auf 300 Stück limitierte und ausschließlich auf der Bandcamp-Plattform erhältliche Vinyl-Erstauflage war binnen weniger Tage vergriffen, die Zweitauflage von 500 Stück sogar binnen weniger Stunden. Wer unbedingt an ein Exemplar der LP rankommen wollte, sah sich auf Discogs gezwungen, Preise zwischen 250 und 350 Euro zu bezahlen. Die große Nachfrage blieb den Majors freilich nicht verborgen und erfreulicherweise nahm sich das berühmte Jazz-Label „Verve“ der Künstlerin an, um ihr drittes Studioalbum, das mit hochkarätigen Musikern, wie Petros Klampanis am Bass und Gyan Riley an der Gitarre aufwartet, einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Vulture Prince ist extrem kunstvoll arrangiert, schließlich erwarb die 1985 in Lahore geborene Multiinstrumentalistin einen Abschluss in Musikproduktion und -technik sowie Jazzkomposition am renommierten Berklee College of Music. Inspiriert von Nusrat Fateh Ali Khan und Jeff Buckley sowie der Poesie des persischen Mystikers Rumi, besingt Aftab eindringlich Menschen, Beziehungen, schmerzhafte Momente und den spirituellen Kreislauf des Werdens und Vergehens. Der Klangkosmos, der sich dabei auftut, hat seine Wurzeln im Berührungspunkt des Sufismus und der traditionellen arabischen Musik.

Letztere bilden die Basis für eine musikalische Reise, die auf bisher ungehörte Weise die Gefilde der Minimal Music, des Jazz und Reggae berührt. Vulture Prince trifft mitten ins Herz und obwohl die Stimmung eher melancholischer Natur ist, haben Aftabs Moll-Kompositionen stets etwas Verheißungsvolles an sich. In einer von Hektik, Krankheit, Angst und Leid geprägten Zeit ist Vulture Prince eine Oase der Stille und des Trostes. Ein großartiges Album!

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