Anohni and the Jonsons

Kaum eine andere Musikerin hat in den vergangenen Jahren so viel für das Bewusstsein um die Probleme und Nöte der LGBTQI-Community getan wie Ahnoni. Als erste Transgender-Persönlichkeit überhaupt gewann sie für I Am A Bird Now den renommierten Mercury-Prize und erhielt 2011 sogar eine Academy-Award-Nominierung in der Kategorie „Bester Song“ für „Manta Ray“. Antony And The Jonsons veröffentlichten mit Swanlights im Jahr 2010 ihr vorerst letztes Album, das von den Fachmedien frenetisch gefeiert wurde. Anschließend wurde es still um den Künstler mit den unverwechselbaren Stimmfarben. Für einen Paukenschlag sorgte fünf Jahre später das Album Hopelessness, das sie nach einer invasiven Geschlechtsumwandlung unter ihrem neuen Alter-Ego Anohni präsentierte und das unter der Regie der experimentellen Elektronikklangkünstler und Sounddesigner Hudson Mohawke sowie Oneothrix Point Never entstand. Zwar konnten viele Fans von Antony And The Johnsons Fans konnten diesem mutigen musikalischen Schritt nicht folgen, dafür manifestierte sie ihren Ruf als genre- und grenzüberschreitende Musikerin. Es steht außer Frage, dass es ihr mit der Rückkehr zum anlogen Sound gelingen wird ihre frühere Gefolgschaft wieder zu mobilisieren, denn My Back Was A Bridge For You To Cross ist das stilistisch vielseitigste, reifste und entwaffnendste Album, das je ihrer Feder entsprungen ist. Eingebettet in Motown-, Blues-, Folk- und Rockelementen besingt sie auf ihre unnachahmliche Weise einen ausblutenden Planeten, in dem sich zu viele Lügner mit verfaulenden Zähnen herumtreiben und stellt sich dabei die Gretchenfrage: Warum lebe ich gerade jetzt? So düster die Texte teilweise sind, der Sound von Anohni And The Johnsons klingt optimistischer als je zuvor – ein Kontrast, der diesem Album eine einzigartige Note verleiht.
Das Albumcover zeigt übrigens ein Portrait der Drag-Queen-Aktivistin Marsha P. Johnson, eine der zentralen Figuren der der LGBTQI-Bewegung und Stonewall-Proteste, die im Jahr 1969 stattfanden. Im Sommer 1992, sechs Tage bevor Johnson unter bis heute ungeklärten Umständen tot aus dem Hudson River geborgen wurde, küsste Anohni ihr noch die Hand. Johnson, die für den jungen, gerade erst aus der katholischen Heimat nach New York geflohenen, Antony ein großes Vorbild war, inspiriert und prägt seitdem ihr Leben und künstlerisches Schaffen. Mit My Back Was A Bridge For You To Cross setzt Anohny nicht nur ihr, sondern auch sich selber ein Denkmal.

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