Anna B Savage
In|Flux
City Slang/Rough Trade
Als Anna B Savage im September 2020 mit A Common Turn auf der Indie-Bildfläche erschien, fanden die Kritiker kein Halten mehr: Superlativ-Prädikate wie "Großkunstwerk", "Über-Debüt" geisterten durch die Presse, Vergleiche mit Künstlern wie Joni Mitchell, Jeff Buckley oder Antony Hegarty waren an der Tagesordnung. Doch genauso schnell, wie der musikalische Kreativsturm der damals 21 Jahre jungen Britin die Medienlandschaft aufwirbelte, so still wurde es wieder um sie. Zwei Jahre hat sich Anna B Savage für den Nachfolger In|Flux gelassen und nutze die Zeit, ein Album aufzunehmen, das in der ernsten Popmusik einen Orkan entfachen wird.
Die Falle, in die viele Künstler nach einem umjubelten Debüt tappen, umging Anna B Savage auf In|Flux auf bemerkenswert souveräne wie einfache Weise: Sie versuchte erst gar nicht die eruptiven Songstrukturen auf A Common Turn, die keinem festgelegten bzw. deutlich erkennbarem Muster folgten und stilistisch nur schwer kategorisierbar sind, auf ein noch komplexeres Level zu hieven. Die einzigartig-verspielte Mixtur aus Folk, Indie, Electronica, Psychedelic-Rock, Jazz und Pop ist geblieben, auch diese unverkennbare, wunderbar intonierende und magisch in ihren Bann ziehende Alt-Stimme. Aber In|Flux folgt nun einer klaren, schnörkelloseren Linie, mit „Verzierungen“, die weniger dominant daherkommen als beim Vorgänger. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Anna B Savage auf In|Flux jeden pathetischen „Ballast“, der sie am unverblümten Thematisieren von Sex, Leid und Einsamkeit hindert, über Bord werfen wollte, während sie sich gleichzeitig einer tiefschwarzen, beinahe bedrohlichen Romantik zu ergeben scheint. Eine dermaßen homogene Zerrissenheit hat man selten gehört – eine Duplizität, die den Hörer vom ersten Takt des Openers „The Ghost“ in eine rätselhaft (un)versöhnliche Welt voller Sehnsucht, Traumata und Neurosen hineinkatapultiert. Dabei stehen die warmen Stimmfarben der britischen Künstlerin in einem seltsam stimmigen Kontrast zur distanziert-kühlen Intensität des Songwritings. Produzent und „Folktronic“-Erfinder Mike Lindsay, dem In|Flux herrlich ausgefeilte Bläser- und Streicherarrangements zu verdanken hat, hat sicherlich einen großen Anteil an dieser ungewöhnlichen Album-Balance. Aber der Dank gebührt zweifellos Anna B Savage: Wer ein Album dieses Kalibers zu schreiben imstande ist, der gehört auf den (Art-)Pop-Olymp!
Album-Formate
Download/Streaming | https://annabsavage.bandcamp.com/album/in-flux |
LP | SLANG50470LP |
CD | SLANG50470 |